Ende März haben wir den Förderbescheid zur Erneuerung unseres Gemeindehauses bekommen. Ebenfalls Ende März wurde uns von der Unteren Bauaufsicht signalisiert, dass der Bauantrag, den wir Anfang Dezember eingereicht hatten, kurz vor der Genehmigung steht. Läuft ja gut, dachten alle Beteiligten. Der Zeitplan, den wir von der Förderstelle des Landkreises auferlegt bekommen haben läßt keinen Raum für Leerlauf. Am 31. Oktober 2017 soll das Haus fertig sein. Nun gut, das Projekt ist keine übermäßig große bauliche Herausforderung, etwa Niveau „Eigenheim“.
Die Zuarbeiten zur Gemeindevertretersitzung am 24. April kamen pünktlich. Die Kämmerei bereitete die Unterlagen für einen Nachtragshaushalt zur Abstimmung vor, das Bauamt erstellte die Beschlussvorlagen zur weiteren Beauftragung der Planungsbüros und der Architekt befasste sich vorab mit den Ausschreibungsunterlagen für die Abriss- und Bauleistungen. Die Gemeindevertretung erteilte die notwendigen Zustimmungen.
Was nicht kam, war die Baugenehmigung, die der gleiche Landkreis erteilen sollte, der bereits die Fördermittel zugesprochen hatte – ein Schelm,wer da eine Verbindung sieht! Bei Nachfrage gab es wieder die Antwort: » Ist in Arbeit, geht bald los! « Dann, am 3. Mai, endlich der ersehnte Umschlag von der unteren Bauaufsicht. Er wurde schnellstens im Bauamt geöffnet und – Ernüchterung. Statt der erwarteten Baugenehmigung enthielt er Nachforderungen zum Schallschutz.
Sie kombinieren richtig, schon nach fünf Monaten ist die Behörde darauf gestoßen, dass noch nicht alle Ämter gefragt wurden, ob etwas gegen unser Vorhaben spricht. Eine Arbeitseffizienz, wie sie wohl nur ein frisch fusionierter Landkreis aufbringen kann.
Noch einmal zur Erinnerung, wir haben lediglich die Erneuerung eines bestehenden, bescheidenen Gemeindehaus beantragt. Keine Philharmonie, Stadthalle oder Großraumdisko. Auch die Nutzung wird fortgeführt und nicht erweitert. Die Schallemissionen werden am neuen Haus, nach menschlichem Ermessen, sogar geringer, weil dieser Aspekt bei der Grundrissplanung und den Außenanlagen Berücksichtigung fand.
Nachgefordert wurden nun Antworten auf drollige Fragen, die niemand seriös beantworten kann. Es geht fast ausschließlich um Prognosen. Eine davon ist: » Wie oft werden Feierlichkeiten durchgeführt und an welchen Tagen und Uhrzeiten? « Wer weiß so etwas? Für mich stellt sich sofort die Gegenfrage, Was sind Feierlichkeiten im Sinne von Behörden? Ist es schon eine Feierlichkeit, wenn am Wahlsonntag die Helfer am Ende der Stimmenauszählung mit einem Glas Sekt anstoßen und nach einem guten Witz laut und herzhaft lachen? Tage und Uhrzeiten lassen sich wenigstens bei Wahlfeiern einigermaßen prognostizieren. Diese finden an Sonntagen zwischen 19:00 und 19:55 statt.
» Wo sind die Stellplätze für die Besucher? Wie verhält es sich mit dem An- und Abreiseverkehr? Wo ist der Raucherbereich? « Sind noch einige der Fragen. Mal abgesehen, dass ein Blick in den Bauantrag reicht, um das Verkehrskonzept zu erkennen, beschleicht mich ein leiser Verdacht. Unterstellt uns die Behörde vielleicht, dass wir unter dem Deckmantel eines Gemeindehauses dort eine kommerzielle Partykneipe etablieren wollen? Hier noch einmal zum Verständnis: Wir wollen ein Gemeindehaus als gesellschaftlichen Mittelpunkt der Gemeinde. Wir wollen dort Versammlungen der gewählten Gremien und der gemeinnützigen Vereine abhalten. Wir wollen dort Wahlen der politischen Gremien der Kommune, des Landkreises (ja auch des Landkreises!), des Landes, des Bundes und der Europäischen Union ermöglichen. Und NEIN, wir können natürlich nicht garantieren, dass Familien auf dem Weg zur Wahl sich unterhalten, auch manchmal lachen und mit Autotüren klappen. Dass Wahlen immer Sonntags stattfinden ist nicht unsere Entscheidung, sondern in den Wahlgesetzen festgelegt.
Letztlich wollen wir den Vereinen und Familien aus der Gemeinde auch ermöglichen, dort Treffen zu organisieren, die man durchaus als Feierlichkeit bezeichnen kann. Eine Nutzung, die in der Vergangenheit vielleicht zweimal im Quartal stattfand. Dazu ist das benachbarte, private Partyhaus ohnehin die bessere Alternative. Auch für die Zukunft erwarten wir dort eine Frequenz von Feierlichkeiten, die über das Niveau von normal genutzten Wohngrundstücken kaum hinausgeht.
Nun dämmerte es den Fragestellern in den Kreisbehörden wohl auch, dass die Beantwortung der Fragen viel mit Hühnerknochenwerfen, Bleigießen oder Tarot zu tun hat. Deshalb erwarten sie ein Gutachten von einem spezialisierten Ingenieurbüro. Die können zwar auch keine seriöse Prognose abgeben, sind aber in der Lage viel Papier mit wissenschaftlich aussehenden Text zu füllen. Dies hat nicht nur seinen Preis sondern derzeit wohl auch Hochkonjunktur. Die meisten Akustikbüros sind für 2017 jedenfalls ausgebucht.
Irgendwann wird der Abrissbagger am Gemeindehaus anrücken, da bin ich Optimist. Planen lässt sich dabei wohl nichts. Es wird wohl zunehmend unmöglich, chronologische Abfolgen mit einem Zeitplan zu synchronisieren. Der Trost an alle Häuslebauer: Uns als Gemeinde geht es dabei auch nicht besser.
Gespannt bin ich auf die Überraschungen beim geplanten Umzug der Feuerwehr. Ein Projekt, dass ungleich komplexer ist als das Gemeindehaus.
Ihr Bürgermeister
Ulf Lübs