Vom Parkplatz an der B 105 ins Gewerbegebiet Reddelich

von Ulf Lübs

Die Reddelicher Feuerwehr hat im Verlauf ihrer Geschichte mehrere Stützpunkte gehabt. Die Entwicklung von regionalen Spritzenverbänden bis zum 2023 eingeweihten Stützpunkt werde ich auf dieser Seite darstellen.

Aus der Geschichte der FFW Reddelich

Der ehemalige Chronist der Reddelicher Feuerwehr, Klaus Kretschmann, veröffentlichte in der Dorfzeitung RADUCLE Artikel aus der Geschichte der Wehr. Nachfolgend Auszüge davon:

Die Gründung des Reddelicher Spritzenverbandes 1881

Ab Mitte des 19. Jahrhunderts entstanden im Domanium Doberan des Großherzogtums Mecklenburg-Schwerin mehrere Spritzenverbände. Als Spritzenverband bezeichnete man damals die Vereinigung mehrerer Gemeinden zur Haltung einer fahrbaren Feuerspritze. In den mecklenburgischen Städten wurde anstelle des Spritzenverbandes schon früher der Begriff Feuerwehr verwendet. In der Zeit zwischen dem Ende des 1. Weltkrieges und dem Beginn des 2. Weltkrieges setzte sich auch auf dem Lande für den Spritzenverband die Bezeichnung Freiwillige Feuerwehr durch.

Die Gemeinde Reddelich gehörte vor 1881 dem Spritzenverband Steffenshagen an. Die urkundliche Erwähnung des Steffenshäger Spritzenverbandes findet sich im Protokoll über die Einführung der Gemeindeordnung für Reddelich vom Juni 1874, unterschrieben von dem Reddelicher Schulzen Joachim Uplegger sowie den beiden Erbpächtern Johann Baade und Johann Frahm aus Reddelich.

Zwei inhaltlich gleichlautende Protokolle aus dem Jahre 1874 gibt es für die die beiden Gemeinden Hof und Dorf Brodhagen.

Der Einzugsbereich des Steffenshäger Spritzenverband reichte im Süden über Reddelich bis nach Glashagen und Stülow. Allein die Entfernung vom Spritzenhaus in Steffenshagen bis zur Ortsmitte Reddelich beträgt ca. 3,5 km. Unter Berücksichtigung der damaligen Nachrichten- und Wegeverbindungen bedeutete dieser Umstand im Falle eines Brandes bis zum Eintreffen der Spritze und der zugehörige Mannschaft einen enormen Zeitverlust.

Im Jahre 1878 erließ der mecklenburgische Großherzog Friedrich Franz II. die Verordnung über das Feuerlöschwesen im Domanium. Darin wurde unter anderem bestimmt, dass die Entfernung vom Standort der Verbandsspritze bis zu den dem Verband angehörenden Ortschaften nicht mehr als 5 km betragen durfte. Die Umsetzung der entsprechenden Weisung des Großherzoglichen Amtes Doberan zur Bildung des Reddelicher Spritzenverbandes erfolgte durch Beschlüsse der beteiligten Gemeinden. Leider fanden sich in den Archiven keine Dokumente aus Reddelich, aber dafür vermitteln Protokolle von Dorfversammlungen und Gemeindevorstandssitzungen aus Glashagen und Stülow ein detailliertes Bild von den damaligen Vorgängen.

Die Dorfversammlung von Glashagen beriet am 23. April 1881 über den Beitritt zum Reddelicher Spritzenverband und über das dem Verband zugrundeliegende Statut. Das Statut wurde gebilligt, dem Beitritt wurde aber nur zugestimmt, wenn das zu bauende Spritzenhaus nicht zu weit entfernt von Glashagen in der Reddelicher Dorfmitte erbaut wird und wenn neben Reddelich auch das Dorf Obersteffenshagen sowie ferner die Dörfer Brodhagen und Stülow dem Verband beitreten. Am 23. Juni 1881 stimmte die Glashäger Dorfversammlung dem Ankauf der, vom Großherzogl. Amte vorgeschlagenen Feuerspritze für den hiesigen Spritzenverband zu. Auch die Pläne zum Bau des Reddelicher Spritzenhauses wurden am 12. Juli 1881 durch den Gemeindevorstand Glashagen bestätigt.

Die Dorfversammlung von Stülow und Badenmühle hatte bereits am 20. Juni 1881 der Anschaffung einer fahrbaren Feuerspritze für den Reddelicher Verband sowie dem Bau des Reddelicher Spritzenhauses zugestimmt.

Noch im Jahre 1881 wurde das Spritzenhaus in Reddelich errichtet. Es befindet sich an der heutigen Kreuzung Alte Dorfstraße / Buerbarg gegenüber der [ehemaligen] Bäckerei Harms. In dem jetzt als Garage genutzten Gebäude wurde die 1881 angeschaffte pferdegezogene Handdruckspritze untergebracht.

Der Reddelicher Spritzenverband bestand in der genannten Zusammensetzung wahrscheinlich bis 1925. In diesem Jahr erfolgte in Bad Doberan für 25.000 RM die Anschaffung einer Automobil-Motorspritze Magirus, Modell Bayern. Danach fasste die Gemeindevertretung von Stülow und Badenmühle am 28. Juli 1925 den Beschluss „zur Zahlung von 1000 Mark zur Anschaffung einer Motorspritze und zum Eintritt in den
Doberaner Spritzenverband. Auch in der Gemeinde Glashagen befasste man sich am 22. Februar 1925 mit dem Beitritt zum Feuerlöschverband Doberan und der geplanten Anschaffung einer Motorspritze.

Auch der Doberaner Löschverband existierte nicht lange. Vermutlich waren Schwierigkeiten bei der Bezahlung der Anteile der Gemeinden die Ursache für seine baldige Auflösung.

RADUCLE 13, Juli 2011, Klaus Kretschmann

Das Gerätehaus von 1881, gegenüber der ehemaligen Bäckerei, entsprach schnell nicht mehr den Anforderungen der Freiwilligen Feuerwehr. Etwas besseres, moderneres konnte die Gemeinde nicht bereitstellen. Da musste die Wehr früh lernen, was Improvisation ist. Eine Fertigkeit, die dort, im Verlauf der Geschichte, nahe an die Perfektion gebracht wurde.

Eine Gelegenheit für einen neuen Standort ergab sich 1972 mit dem Freizug eines LPG-Technikstützpunktes an der F 105. Auf dem Gelände der ehemaligen Schmiede der Häuslerei № 20 wurde ein Anbau errichtet. Das in größtenteils freiwilliger Arbeitsleistung durch Gemeindebürger errichtete Gerätehaus mit Versammlungs- und Schulungsraum wurde für fünfzig Jahre Feuerwehrstützpunkt. Modernisierungen und Erweiterungen gab es in den fünfzig Jahren der Nutzung recht wenig. Die Gemeinde hatte einfach nicht die Mittel dazu. Das alte Spritzenhaus wird bis heute als Garage und Abstellraum genutzt.

Die ehemalige Schmiede der Reddelicher Häuslerei 20, auf einer Postkarte von 1900. Diese war von 1972 bis 2023 Stützpunkt der FFW Reddelich. [Bildquelle: Kulturverein Reddelich]

Mit dem Beitritt der DDR zur BRD am 3. Oktober 1990 galt auch in den Kommunen westdeutsches Recht, also auch erhöhte Anforderungen an die Infrastruktur. Eigentlich hätten diese Anforderungen den Neubau eines Stützpunktes erforderlich gemacht. Die Bundesrepublik stellte auch Fördermittel dazu zur Verfügung. Das Eigentlich lässt schon einen Haken ahnen. Reddelich war 1991 Gründungsmitglied der Verwaltungsgemeinschaft Amt Bad Doberan-Land, der auch die Gemeinden Admannshagen-Bargeshagen, Bartenshagen-Parkentin, Börgerende-Rethwisch, Hohenfelde, Nienhagen, Retschow, Steffenshagen und Wittenbeck angehören. Dort wurde beschlossen, die Stützpunkte nacheinander zu erneuern. Mehrere Projekte gleichzeitig konnte das Amt nicht betreuen. Reddelich sollte das letzte der Projekte werden. Als es soweit war, war der Fördertopf leer. Immerhin reichte die Kraft der Gemeinde für kleine Modernisierungen 1992 und 2010.

Der aktuelle Umzug der Wehr vom Plan bis zur Realisierung


Wie alles begann

2015 gab es einen Generationswechsel in der Reddelicher Feuerwehr. Mit Wehrführer Mathias Elmer und seinem Stellvertreter René Flatow übernahm eine Generation die Geschicke der Freiwilligen Feuerwehr Reddelich, die den Pragmatismus der DDR-Zeit im Umgang mit Mangel an Ressourcen nur vom Hörensagen kennen. Wie auch die Gemeindevertretung waren sie nicht mehr bereit, das Totschlagargument der Vergangenheit, „kein Geld“, zu akzeptieren. Immerhin übernehmen die ehrenamtlichen Mitstreiter der Wehr, mit dem Brand- und Katastrophenschutz, eine kommunale Pflichtaufgabe seit der Gemeindegründung 1874. Da ist es minimale Pflicht der Gemeinde, Ausrüstung und Infrastruktur vorzuhalten.

Mit einem Jahreshaushalt von 30.000 bis 40.000 Euro rangiert unsere Wehr eher im unteren Budgetbereich zur Aufrechterhaltung der Einsatzbereitschaft. Von Luxus kann also keine Rede sein. Das Hauptproblem war jedoch der Stützpunkt. Mit viel ehrenamtlichem Engagement und unzähligen, freiwilligen Arbeitsstunden haben die Kameraden der Wehr eine ehemalige Schmiede, aus dem Ende des 19. Jahrhunderts, für ihre Zwecke angepasst. Die Anpassungen hinkten den Mindestanforderungen eines Feuerwehrstützpunktes jedoch immer hinterher. Ein, in den 1990-er Jahren im Amtsbereich geplanter Neubau wurde aus Geldmangel nicht realisiert. Also ging die Flickschusterei weiter.

Der neuen Wehrführung war klar, dass die Mindestanforderungen nicht erfüllt sind und dringend eine dauerhafte Lösung gefunden werden musste. An einen Neubau dachte zu diesem Zeitpunkt niemand. Sehr schnell wurde aber klar: Eine Erweiterung und Modernisierung kam am jetzigen Standort nicht infrage. Zu eng waren die Platzverhältnisse dort. In Zusammenarbeit mit dem Architekten Ulrich Baltzer aus Bad Doberan und der Wehrleitung wurden 2016 die Vorplanungen in Angriff genommen. Nach intensiven Abwägungsdiskussionen wurde der optimale Standort eines neuen Stützpunktes schließlich im Gewerbegebiet gefunden.

Das Projekt

Mit Abschluss der Vorplanung hatten wir ein Projekt und eine Kostenschätzung. Dass die Kosten die Millionengrenze – in Euro wohlgemerkt – knackten, ist keiner Geltungssucht oder Luxusverliebtheit der Wehrkameradschaft geschuldet. Im Gegenteil, bei der Projektentwicklung kam dem Blick auf die Kosten hohe Priorität zu. Geplant wurde nur, was nach damaligen Rechtsnormen unumgänglich war. Diese Normen hatten es allerdings in sich.

Die Gemeindevertretung nahm die Aufgabe Brand- und Katastrophenschutz sehr ernst. In den Haushalt für 2018 wurde das Geld für die Planung des neuen Feuerwehrstützpunktes bis zur Baureife eingeplant. Dabei reden wir über mehr als 70.000 Euro. Finanziert wurde das aus Grundstücksverkäufen im Gewerbegebiet. Die Ausschreibung für die Planungsleistungen hat das Büro buttler architekten GmbH aus Rostock gewonnen. Deren Mitarbeiter machten sich auch sogleich kompetent und effizient an die Arbeit. Details der Planung wurden mit den Architekten in mehreren Gesprächsrunden diskutiert. Eng involviert waren der Bürgermeister, der Wehrleiter und sein Stellvertreter sowie das Bauamt. Aber auch der Bauausschuss und die Gemeindevertretung wurden auf dem Laufenden gehalten.

Am 27. Dezember 2018 ist der Bauantrag bei der Genehmigungsbehörde in der Kreisverwaltung eingegangen. Es begann eine Zeit voller Stress für alle Beteiligten. Es gab unzählige Nachforderungen durch die Untere Bauaufsicht, die sich teilweise widersprachen. Dadurch stand das Projekt mehr als einmal auf der Kippe. Mit professioneller Engelsgeduld lieferten die Architekten alle gewünschten Unterlagen. Das Bauamt, die Wehrführung und der Bürgermeister arbeiteten ihnen zeitnah zu. Am 3. April 2019 wurde die Baugenehmigung schließlich erteilt.

Die Finanzierung

Nach Erteilung der Baugenehmigung lag die wohl größte Hürde zur Projektrealisierung vor der Gemeinde – die Finanzierung. Immerhin hatte diese die Planungskosten schon mal aufgebracht. Das Grundstück für den Standort musste die Gemeinde auch nicht kaufen und erschließen. Es war erschlossen und im Eigentum der Gemeinde.

Erste Kostenschätzungen, als Bestandteil der Baugenehmigung, ergaben einen Finanzierungsbedarf von rund 1,2 Millionen Euro. Dieser Betrag ließ alle Projektbeteiligten erst einmal hörbar schlucken. Ein stolzer Betrag für unsere Tausend-Seelen-Gemeinde. Die Frage nach Fördermitteln ergab, dass der Kreisfeuerwehrverband für das Projekt 80.000 Euro zuschießen konnte und wollte. Darüber hinaus bekamen wir die lapidare Auskunft, dass Infrastrukturprojekte, wie Kitas und Feuerwehrstützpunkte in Gewerbegebieten generell nicht förderfähig sind. Da tat sich die große Chance für die Gemeinde auf, das Vorhaben mit dem Hinweis „kein Geld“, zu beerdigen. Nun, das tat die Gemeinde nicht, dazu war allen Vertretern das Projekt zu wichtig. Im Gegenteil, die Gemeindevertretung bekundete eindeutig, das Projekt notfalls ohne äußere Hilfe umsetzen zu wollen. Sonst liefe sie Gefahr, eines Tages ohne Freiwillige Feuerwehr dazustehen, weil die Kameraden nicht dauerhaft in einem ungesetzlichen Rahmen wirken wollen. Das Szenario mochte sich niemand aus der Gemeindevertretung ausmalen. Und auch für zwangsrekrutierte Feuerwehrleute muss die Gemeinde eine gesetzeskonforme Infrastruktur schaffen.

»Wo ein Wille ist auch ein Weg«, sagt bisweilen der Volksmund. Anfang 2020 signalisierte die Landesregierung der Gemeinde, dass es doch eine Fördermöglichkeit für den neuen Feuerwehrstützpunkt gab. Da läuteten wohl einige Alarmglocken. Es wäre der Öffentlichkeit auch schwer zu erklären, warum Reddelich sich, für eine Pflichtaufgabe, hoch verschulden muss. Dabei lagen seit Jahren Bundesmittel für kommunale Infrastrukturmaßnahmen in Milliardenhöhe bereit, die von unserer Landesregierung nur nicht abgerufen wurden. Die Infrastruktur in Mecklenburg war wohl nicht so wichtig. Sei es drum, der Kelch einer hohen Neuverschuldung ging an uns vorbei. Unverzüglich wurden durch das Amt, in Zusammenarbeit mit den Architekten, die Antragsunterlagen erstellt und eingereicht.

Eine kleine Zitterpartie gab es während der Antragsphase dann doch noch. Eine Sachbearbeiterin der Landesregierung, die mit der Prüfung unseres Antrages beauftragt war, beging einen Fauxpas, der uns beinahe die Förderung gekostet hätte. Sie kam zwar nicht umhin, dem Projekt die Förderfähigkeit zu bescheinigen, fügte aber ihrer amtlichen Stellungnahme einen persönlichen Schlusssatz hinzu, der dort nichts zu suchen hatte. Sinngemäß war sie der persönlichen Auffassung: Über eine Million Euro für eine poplige Dorffeuerwehr sind viel zu hoch. Unterschwellig lag in dieser Aussage der Vorwurf, die Gemeinde würde unserer Feuerwehr einen Luxuspalast errichten. Nun gut, den Entwurf einer Strafanzeige konnte der Bürgermeister verwerfen, die Gemeinde bekam die Förderzusage.

Die überbordenden Kosten für das Projekt waren auch der Gemeinde ein Dorn im Auge. Kostentreiber waren, neben den allgemeinen Preissteigerungen in der Baubranche, die Forderungen der Berufsgenossenschaften und Haftpflichtversicherer. Alleine die sinnlose Forderung nach uneingeschränkter Inklusionsfähigkeit des Stützpunktes hat viel Geld gekostet. Die Gemeinde kam aber nicht umhin, jede noch so unsinnige wie teure Vorschrift zu berücksichtigen. Sonst hätten wir keine Baugenehmigung erhalten.

Besuch aus Schwerin

Am 23. Oktober 2020 ließ es sich der damalige Minister für Inneres und Europa M-V, Lorenz Caffier, nicht nehmen, der Gemeinde den Fördermittelbescheid persönlich zu überbringen. Im Rahmen einer kleinen Feierstunde, die vom Kulturverein organisiert wurde, überreichte der Minister dem Bürgermeister den 750.000 Euro schweren Bescheid. Zur Feierstunde eingeladen waren die Gemeindevertretung, der Bauausschuss, die Wehrleitung, der Amtswehrleiter sowie der Kreisbrandmeister mit einem seiner Beisitzer. Eine Vertreterin des Amtes Bad Doberan-Land war vor Ort, wie auch Vertreter des Architektenbüros. Auch die OZ folgte der Einladung und schickte eine Redakteurin. Es kommt schließlich nicht alle Tage vor, dass der Stellvertretende Ministerpräsident unsere Gemeinde besucht.

Zur Begrüßung bekam der Minister kein Brot und Salz, sondern etwas zu lesen vom Bürgermeister überreicht. In der aktuellen Ausgabe der RADUCLE, der Feuerwehrchronik und dem Buch über Geschichtliches aus Reddelich und Brodhagen konnte er etwas Bleibendes von unserer Gemeinde mit nach Hause nehmen.

In seinem Grußwort stellte Herr Caffier klar, dass ihm Reddelich nicht unbekannt ist. Er absolvierte in der Forstschule im Stülower Weg von Bad Doberan eine Berufsausbildung mit Abitur zum Forstfacharbeiter. Im weiteren Verlauf der Rede verhehlte er nicht, dass Reddelich wohl eine Ausnahme bleibt, was die Höhe der Förderung anbelangt. Alle Freiwilligen Feuerwehren des Landes auf solch hohem Niveau auszustatten, kann das Land nicht stemmen. Den Grund für die hohen Kosten sah er aber nicht in unserer Gemeinde oder dem Planungsbüro. Die Berufsgenossenschaften und Haftpflichtversicherungen der Feuerwehren setzen bei Freiwilligen Wehren die gleichen Maßstäbe an, wie bei Berufsfeuerwehren. Ein Unding – meinte auch der Minister.

Es war schon erfrischend zu hören, dass auch ein Minister an bestehenden Systemen zweifelt. Herr Caffier machte sich auch nicht die Mühe, seinen Sarkasmus zu verhehlen, als die Zahl der Hände thematisiert wurden, durch die unser Förderantrag ging. Hoffnung auf Besserung der Bürokratie konnte auch er uns nicht geben. In freier Rede sprach Herr Caffier viele Aspekte des kommunalen Ehrenamtes an und beantwortete damit mögliche Fragen schon im Vorfeld. Seine bereits damals getroffene Entscheidung, nicht mehr für den Landtag zu kandidieren, gab ihm wohl auch die Freiheit, Klartext zu reden. Sein vorzeitiger Rückzug aus der Politik war sicher nicht geplant. Langweilig waren seine Ausführungen jedenfalls nicht.

In seiner Rede hob der Stellvertretende Wehrleiter und Amtswehrführer, René Flatow, hervor: »Es war nie Ziel der Wehrführung, einen luxuriösen Stützpunkt zu bauen. Die Vorschriften zum ordentlichen Betrieb einer Feuerwehr waren das Maß der Dinge – nicht mehr aber auch nicht weniger«

Die Bauphase

In den Jahren seit 2016, Beginn der Planungen, ist unterschwellig viel geschehen. Von Arbeiten wie Standortvarianten chekken und abwägen, Detailplanungen am Baukörper, Fütterung des Amtsschimmels, Ausschreibung der Lieferungen und Leistungen, Auftragserteilungen und vieles Ähnliches ist von außen nicht viel bemerkt worden. Auch Tiefbauarbeiten haben ein grundsätzliches Dilemma. Da wird der Boden des Baufeldes geöffnet, ggf. ausgetauscht und viele Meter Rohrleitungen verlegt. Am Ende werden die Wunden wieder verschlossen und der flüchtige Betrachter fragt: »Was habt Ihr hier eigentlich die ganze Zeit gemacht?« Erst mit Errichtung des Rohbaus wird der Baufortschritt offensichtlich und greifbar.

Die Baustelle im November 2021, [Bildquelle: Stefan Peuss]

Aber auch die Bauphase hatte es in sich. Zunächst schien alles nach Plan zu verlaufen. Zeitplan und Budget wurden eingehalten. Dann kam die sogenannte Corona-Krise, mit all ihren politischen Experimenten. Diese hatten eines gemeinsam, sie kosteten den Bürgern viel Geld. Dabei hatte die Gemeinde noch Glück gehabt. Das Gros der Bauverträge war vor Corona abgeschlossen worden. Trotzdem musste sich die Gemeinde, nach Schätzungen der Architekten, auf Mehrkosten von über zwanzig Prozent einrichten. Auch waren die Zeitpläne nicht mehr zu halten. Die Lage im Bauwesen war von einer überhöhten Nachfrage geprägt. Die Anbieter konnten sich die Aufträge aussuchen. Eine ungewöhnliche Materialknappheit sorgte für frappierende Preissteigerungen und Zeitverzögerungen bei Lieferungen.

Bei einer der ersten Leistungen am Projekt tappte die Gemeinde leider auch in eine Falle des öffentlichen Vergaberechts. Den Zuschlag für Lieferungen und Leistungen im Vergabeverfahren hatte das, als wirtschaftlichster Anbieter ermittelte Unternehmen zu erhalten. Da musste die Gemeinde ein Unternehmen beauftragen, dass sie bei freier Entscheidung nicht genommen hätte. Prompt gab es Probleme, zu deren Lösung die Gemeinde sich anwaltliche Hilfe holen musste.

Epilog

Alles in allem kann die Gemeinde jedoch zufrieden mit der Abwicklung des Projektes sein. Der Stützpunkt ist bautechnisch abgenommen und funktioniert. Das Budget wurde nur um etwa dreizehn Prozent überzogen. Dabei ist das nur nicht ironisch gemeint. Es gibt vergleichbare Projekte, die um Hundert oder mehr Prozent teurer wurden. Die formelle Übergabe des Objektes vom Bauherren, der Gemeinde Reddelich, an den Nutzer, der Freiwilligen Feuerwehr Reddelich erfolgte mit einem Festakt am 30. September 2023.


Wir, die Gemeinde Reddelich, sind dankbar dieses ambitionierte Projekt realisiert zu haben. Noch dazu ohne uns auf lange Zeit zu verschulden. Der neue, moderne Stützpunkt wird viele Jahre Heimstatt einer motivierten Freiwilligen Feuerwehr sein.

Ulf Lübs, Oktober 2023

Der Artikel wurde veröffentlicht am: 1. Oktober 2023 unter: Feuerwehr