Verehrte Mitbürger (NP),
wie alle kreisangehörigen Gemeinden hat auch Reddelich Post vom Dezernat für Finanzen und Soziales vom Landkreis Rostock (LK) bekommen. Darin ging es um eine Anhörung zur Festsetzung der Kreisumlage für die Haushaltsjahre 2019 und 2020. Was hier so trocken nach Verwaltung klingt, hat unmittelbare Folgen für den Gemeindehaushalt – also auch für Sie.
Für die Stellungnahme hat der LK uns immerhin zwei Wochen Zeit gelassen. Die Kreisumlage ist in unserem Haushalt der größte Einzelposten und macht rund ein Viertel des Gesamtvolumens aus. Solch eine bedeutungsvolle Stellungnahme kann man natürlich nicht in zwei Wochen qualifiziert verfassen. Damit ich die Stellungnahme unbeschwert von Faktenwissen in die Tastatur hämmern könnte, bekam ich erst gar keine aussagefähigen Unterlagen zu dem Thema – auch auf Anfrage durch die Kämmerin nicht.
Mit Verlaub: Diese sogenannte Anhörung empfinde ich als Farce, gewürzt mit Zynismus, um das mal diplomatisch auszudrücken. Für eine Diskussion in den gewählten Gremien der Gemeinde reicht einfach die Zeit nicht. Die Absolution für die Kreisumlage bekommt der LK, unter diesen Umständen, von mir nicht.
Lassen Sie mich an dieser Stelle kurz bemerken: Der Landkreis holt sich von den Kommunen, was er meint zu brauchen. Eine komfortable Konstellation, die Maßhaltung und Verantwortungsbewusstsein erfordert. Dies nicht nur verbal, sondern abrechenbar. Erkennen kann ich davon nichts. Bislang hatten die Kommunen, als Hauptfinanzier, kein Mitspracherecht bei der Festsetzung der Kreisumlage. Ich überlasse es ihrer Fantasie, was wohl wäre, wenn die Kommunen sich gegenüber ihren Bürgern genauso verhielten.
Die erstmalig praktizierte Anhörung der Kommunen geschieht nicht etwa, weil die Behörden des LK uns plötzlich als demokratisch legitimierte Partner auf Augenhöhe betrachten. Sie wurden schlicht per Verwaltungsgerichtsbeschluss dazu verdonnert.
Sie ahnen es vielleicht schon: Die Höhe der Kreisumlage kennt derzeit nur eine Richtung – „Ab durch die Decke“. Wie auch anders, im LK entscheiden Beamte über unsere Belange, die nie gewählt wurden und Reddelich nur vom Hörensagen kennen.
Natürlich muss der LK finanziert werden. Er nimmt wichtige Aufgaben wahr, die zwar auch Landesbehörden oder kommunale Ämter erledigen könnten. Aber die gegenwärtigen Verwaltungsstrukturen bestehen nun mal. Ändern lassen sich diese nun wohl nur an den Wahlurnen. Da beginnt ihre Verantwortung, verehrte Mitbürger (NP).
Mit der Kreisumlage finanzieren wir auch reichlich freiwillige Leistungen des LK. Das ist Gut für deren Image, jedoch schlecht für die Hauptsponsoren, die Kommunen. Diese haben keinen Einfluss auf den Einsatz dieser Gelder. Die Reddelicher Haushalte enthalten schon seit Langem kaum freiwillige Leistungen, die unseren Einwohnern zugute kommen. Dies auch, weil die Amtsumlage so hoch ist, dass es am Ende nicht einmal für alle unserer Pflichtaufgaben reicht.
Wenig kommuniziert wird, dass die Kommunen die Kredite des Landkreises aufnehmen und bedienen müssen. Zugegeben, dies nicht direkt. Der LK nimmt prinzipiell keine Kredite auf. Auch umfangreiche Investitionen werden dort aus dem laufenden Haushalt finanziert – also auch aus der, von uns zu zahlenden Kreisumlage. Wenn der LK jedoch seine Investitionen nach gleichen kaufmännischen Regeln finanzieren würde, wie alle anderen, hätten die Kommunen mehr Liquidität, die ihnen manches Darlehen ersparen würde.
Ein Gutes hat die Sache immerhin: Das geschilderte Problem hat Reddelich nicht alleine. Die Bürgermeister aller Gemeinden unseres Amtes haben sich zusammengerauft und die Kämmerin beauftragt, eine qualifizierte Antwort auf die Anhörung im Namen aller neun Gemeinden zu erstellen.
Eine engere Kooperation der Gemeinden, ohne gleich an Fusionen zu denken, sehe ich als sehr wichtig für eine eigenständige Zukunft. Es macht einen Unterschied, ob jede Gemeinde im Amtsbereich für sich kämpft oder alle Betroffenen mit einer Stimme sprechen.
Wir werden sehen, ob es sich der LK erlauben kann, die Meinung der Mandatsträger, die immerhin fast 12.000 Einwohner repräsentieren, zu ignorieren oder gar abzubügeln.
Ihr Bürgermeister
Ulf Lübs